Internet Statement 2007-99

 

 

Das Zugeständnis der Bahn zum eigenständigen Tarifvertrag
- und das Zugeständnis der GDL

Klas Ber 6.12.07   

Als am 4. Dezember nach sehr langer Verhandlung mit einer nächtlichen Unterbrechung Hartmut Mehdorn und Manfred Schell vor die Presse traten und  der GDL von der Bahn ein eigenständiger Tarifvertrag angeboten wurde, wurde deutlich, daß die GDL einen wichtigen Schritt weiter gekommen war. Das kann man durchaus als einen Erfolg für die GDL bezeichnen. Andererseits ist die Sache gleich auch noch mit Verhandlungen über einen Manteltarifvertrag verbunden worden, für den Transnet und GDBA ebenfalls zuständig sind.

Sehr vieles an Fragen über Inhalte wie Modalitäten steht noch im Raum. Es wurde hier eigentlich zunächst auch nur die Basis geschaffen, um Tarifverhandlungen aufzunehmen,  deren Ergebnis man erst einmal sehen muß. Trotzdem war es Manfred Schell, der nach der Verhandlung vor die Presse trat und gleich verkündete „So lange wir verhandeln, streiken wir nicht“ und das „die frohe Botschaft an Deutschland" nannte.

Daß der Streik abgewendet wurde – das war nicht nur für Mehdorn und Co., sondern auch für die Politik und für die Medien der Kardinalpunkt, das wurde von ihnen als Erfolg gefeiert. Ob aber die Lokführer ihre berechtigten Forderungen durchsetzen, bzw. einen für sie befriedigenden Kompromiß erreichen können - das ist für die Mehrzahl der Medien so gut wie überhaupt kein Thema.

Ein wesentliches Ergebnis dieser Verhandlungsrunde war, wie es in der gemeinsamen Erklärung von GDL und Bahn lautet: „GDL und DB AG beschließen Schaffung eines eigenständigen Tarifvertrags für Lokomotivführer“ oder wie die GDL schreibt „GDL erhält eigenständigen Tarifvertrag“.
Auf dieser Grundlage werden jetzt also die Tarifverhandlungen aufgenommen und geführt werden, wobei zumindest zwei Punkte, über die zu verhandeln ist und die Bestandteil des Tarifvertrages sein werden, klar genannt wurden: Zeit und Geld.

Als ein weiterer konkreter Punkt wurde im Hinblick auf den noch abzuschließenden Tarifvertrag, der ab 1. Juli dieses Jahres beginnen würde, bereits eine Abschlagszahlung in Höhe von 800 Euro vereinbart. Die Auszahlung soll noch im Dezember erfolgen.
Die Tarifgemeinschaft von Transnet und GDBA hatten hier für ihre Mitglieder 4,5 Prozent Erhöhung und eine Einmalzahlung von 600 Euro vereinbart.

Wie genau die Eigenständigkeit dieses Tarifvertrages für die GDL aussieht, welche Inhalte er über Zeit und Geld hinaus haben wird, ist noch nicht klar und wird sich erst im weiteren zeigen müssen. Dazu muß man die konkrete Ausgestaltung der Tarifverträge sehen. Das aber ist selbst noch Gegenstand der Auseinandersetzung. Viele Fragen dazu sind noch offen. Und das hängt auch vor allem davon ab, wie die GDL die Auseinandersetzung im Weiteren führen wird.

Wie weit das Zugeständnis der Bahn in Punkto Eigenständigkeit des Tarifvertrages für die GDL nun wirklich geht und gemeint ist, das allerdings müßte sich durchaus schon sehr bald zeigen.

So wurde zwischen Bahn und GDL am 4. Dez. ebenfalls vereinbart, daß bereits in den nächsten zehn Tagen – das wäre etwa bis zum 14. Dez. – über die Zuordnung all der Tarifthemen, die in einem Manteltarifvertrag kommen sollen, der gleichermaßen für alle Eisenbahnerinnen und Eisenbahner gilt, gesprochen werden soll.  Hier ist die GDL offensichtlich der Bahn entgegengekommen.

Die Bahn hat die Absicht, einen neuen Mantel-Tarifvertrag, Basis- oder Sockel-Tarifvertrag, wie immer das genannt wird, zu installieren, der für alle Bahnbeschäftigte gleichermaßen gelten soll. Es ist davon die Rede, daß in diesem Tarifvertrag 80 Prozent der Tarifregelungen bei der Bahn enthalten sein sollen.
Dieser Tarifvertrag, seine Inhalte, das bedarf der Hinzuziehung und Abstimmung sowohl mit Transnet als auch der GDBA; bedarf der Abstimmung zwischen allen drei Gewerkschaften.

Und hier ist bereits jetzt schon wieder Norbert Hansen öffentlich laut geworden mit dem Versuch, die ganze Sache, die natürlich sehr komplex ist,  im vorhinein darüber zu torpedieren, daß er der GDL das Recht absprechen will, für die Lokführer eine eigene betriebliche Altersversorgung auszuhandeln. Er hat gar in den Raum gestellt, daß das Ganze daran scheitern könnte. Nach seiner Vorstellung sollte die Sache auch so aussehen:
„Das heißt, die GDL würde einen Anerkennungstarifvertrag für den Basistarifvertrag unterschreiben, den wir verhandeln, und wir für den Lokführertarifvertrag, den die GDL verhandelt.“ Das Quertreiben dieser Kräfte geht also munter weiter.
Ein Abschluß zur betrieblichen Altersvorsorge gehört mit zu den Forderungen, die die Generalversammlung der GDL mit dem ersten Leitantrag 2006 „zur Schaffung eines eigenständigen Tarifvertrages für das Fahrpersonal“ beschossen hat. Das weiß Hansen natürlich.

Noch Ende letzter Woche hatten Bahn, Transnet und GDBA schnell und hastig unter sich Eckpunkte für ein neues Tarifsystem bei der Bahn abgesprochen.
Die Verhandlungen darüber waren bereits vor zwei Jahren mit allen drei Gewerkschaften der damaligen Tarifgemeinschaft zusammen begonnen worden und wurden über die Jahre nur sehr zäh weitergeführt. Jetzt, unter dem Druck der Streiks der Lokführer und der konkret anstehenden Verhandlungsrunde mit der GDL am 3. Dez., verständigten sich Bahn, Transnet und GDBA relativ überraschend für die Öffentlichkeit über einige Punkte.

Danach sollen z.B. rund 134.000 Tarif-Beschäftigte der Bahn bis zum 31. Dezember 2010 in stufenweisen Anhebungen insgesamt zehn Prozent mehr Lohn bekommen. Allerdings ist in den 10 Prozent auch die im Sommer vereinbarte, von Anfang 2008 an geltende Lohnsteigerung um 4,5 Prozent mit enthalten.

Mit dem Tarifsystem, das die drei in Eckpunkten unter sich abgesprochen haben, wird aber auch das Ziel verfolgt, eine „Tarifeinheit“ aufrechtzuerhalten, zumindest für einen großen Teil von Regelungen.
Danach soll das Tarifsystem eine neue Struktur bekommen, in der es künftig einen für alle Mitarbeiter der Bahn geltenden Basistarifvertrag gibt, sowie bis zu sechs sog. „Funktionstarifverträge“ für einzelne Berufsgruppen. Einer dieser „Funktionstarifverträge“ soll für die Lokführer sein, für die in Zukunft die GDL Entgelt und Arbeitszeit aushandeln könne. So die Vorstellung und Absprache der drei, Bahn, Transnet und GDBA.
Ob dabei wirklich der Raum für einen eigenständigen Tarifvertrag gelassen wird oder wie bisher die Unterordnung der GDL beabsichtigt ist, zumindest soweit als nur möglich? Bei diesen Kräften und ihrem Vorgehen muß man mit Letzterem rechnen.

Es wird vor allem darauf ankommen, daß und wie die GDL die Auseinandersetzung um den eigenständigen Tarifvertrag weiter führen wird, für einen Tarifvertrag, der tatsächlich die Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen der Lokführer aufhebt und wirkliche Verbesserungen und Lohnerhöhungen erzielt. Im Weiteren steht natürlich noch an, daß dies dann für das ganze Fahrpersonal durchgesetzt wird, so wie es das ursprüngliche Ziel der GDL mit einem Fahrpersonaltarifvertrag (FPTV) war.

Man wird sehen, was bei den Verhandlungen von der GDL zu erreichen sein wird. Ohne ausreichende Einbeziehung und Mitsprache der Gewerkschaftsbasis und ohne massiven Druck auf die Bahn AG wird das erfahrungsgemäß äußerst schwierig werden. "Wenn die Bahn keine ernsthaften Verhandlungen führt und diese keinen Schritt vorankommen, dann sind die Tarifverhandlungen gescheitert", "Und dann wird es Streiks geben, und dies vor dem 31. Januar" wird eine Sprecherin der GDL zitiert. Bis dato hat die Bahn AG sich so gut wie nicht bewegt, viel zu viele Punkte sind noch immer völlig unklar. So bleibt zu hoffen, daß diese Aussagen, sollte es so kommen, dann nicht bloß Aussagen bleiben werden. 

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Die GDL hat das Recht zur Fortsetzung des Streiks
IS 2007-98, 1.12.07

Das Lehrstück bei der Bahn
– Die Rolle der GDL

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