Klas
Ber 6.12.07
Als am 4.
Dezember nach sehr langer Verhandlung mit einer nächtlichen Unterbrechung
Hartmut Mehdorn und Manfred Schell vor die Presse traten und
der GDL von der Bahn ein eigenständiger Tarifvertrag angeboten
wurde, wurde deutlich, daß die GDL einen wichtigen Schritt weiter
gekommen war. Das kann man durchaus als einen Erfolg für die GDL
bezeichnen. Andererseits ist die Sache gleich auch noch mit Verhandlungen
über einen Manteltarifvertrag verbunden worden, für den Transnet
und GDBA ebenfalls zuständig sind.
Sehr vieles
an Fragen über Inhalte wie Modalitäten steht noch im Raum. Es
wurde hier eigentlich zunächst auch nur die Basis geschaffen,
um Tarifverhandlungen aufzunehmen, deren Ergebnis man erst einmal
sehen muß. Trotzdem war es Manfred Schell, der nach der Verhandlung
vor die Presse trat und gleich verkündete „So lange wir verhandeln,
streiken wir nicht“ und das „die frohe Botschaft an Deutschland"
nannte.
Daß der Streik
abgewendet wurde – das war nicht nur für Mehdorn und Co., sondern
auch für die Politik und für die Medien der Kardinalpunkt,
das wurde von ihnen als Erfolg gefeiert. Ob aber die Lokführer
ihre berechtigten Forderungen durchsetzen, bzw. einen für sie
befriedigenden Kompromiß erreichen können - das ist für die Mehrzahl
der Medien so gut wie überhaupt kein Thema.
Ein wesentliches
Ergebnis dieser Verhandlungsrunde war, wie es in der gemeinsamen
Erklärung von GDL und Bahn lautet: „GDL und DB AG beschließen
Schaffung eines eigenständigen Tarifvertrags für Lokomotivführer“
oder wie die GDL schreibt „GDL erhält eigenständigen Tarifvertrag“.
Auf
dieser Grundlage werden jetzt also die Tarifverhandlungen aufgenommen
und geführt werden, wobei zumindest zwei Punkte, über die zu verhandeln
ist und die Bestandteil des Tarifvertrages sein werden, klar genannt
wurden: Zeit und Geld.
Als ein weiterer
konkreter Punkt wurde im Hinblick auf den noch abzuschließenden
Tarifvertrag, der ab 1. Juli dieses Jahres beginnen würde, bereits
eine Abschlagszahlung in Höhe von 800 Euro vereinbart. Die Auszahlung
soll noch im Dezember erfolgen.
Die Tarifgemeinschaft
von Transnet und GDBA hatten hier für ihre Mitglieder 4,5 Prozent
Erhöhung und eine Einmalzahlung von 600 Euro vereinbart.
Wie genau
die Eigenständigkeit dieses Tarifvertrages für die GDL aussieht,
welche Inhalte er über Zeit und Geld hinaus haben wird, ist noch
nicht klar und wird sich erst im weiteren zeigen müssen. Dazu
muß man die konkrete Ausgestaltung der Tarifverträge sehen. Das
aber ist selbst noch Gegenstand der Auseinandersetzung. Viele
Fragen dazu sind noch offen. Und das hängt auch vor allem davon
ab, wie die GDL die Auseinandersetzung im Weiteren führen wird.
Wie weit
das Zugeständnis der Bahn in Punkto Eigenständigkeit des Tarifvertrages
für die GDL nun wirklich geht und gemeint ist, das allerdings
müßte sich durchaus schon sehr bald zeigen.
So wurde
zwischen Bahn und GDL am 4. Dez. ebenfalls vereinbart, daß bereits
in den nächsten zehn Tagen – das wäre etwa bis zum 14. Dez. –
über die Zuordnung all der Tarifthemen, die in einem Manteltarifvertrag
kommen sollen, der gleichermaßen für alle Eisenbahnerinnen und
Eisenbahner gilt, gesprochen werden soll. Hier ist die GDL offensichtlich
der Bahn entgegengekommen.
Die Bahn
hat die Absicht, einen neuen Mantel-Tarifvertrag, Basis- oder
Sockel-Tarifvertrag, wie immer das genannt wird, zu installieren,
der für alle Bahnbeschäftigte gleichermaßen gelten soll. Es ist
davon die Rede, daß in diesem Tarifvertrag 80 Prozent der Tarifregelungen
bei der Bahn enthalten sein sollen.
Dieser
Tarifvertrag, seine Inhalte, das bedarf der Hinzuziehung und Abstimmung
sowohl mit Transnet als auch der GDBA; bedarf der Abstimmung zwischen
allen drei Gewerkschaften.
Und hier
ist bereits jetzt schon wieder Norbert Hansen öffentlich laut
geworden mit dem Versuch, die ganze Sache, die natürlich sehr
komplex ist, im vorhinein darüber zu torpedieren, daß er der
GDL das Recht absprechen will, für die Lokführer eine eigene betriebliche
Altersversorgung auszuhandeln. Er hat gar in den Raum gestellt,
daß das Ganze daran scheitern könnte. Nach seiner Vorstellung
sollte die Sache auch so aussehen:
„Das
heißt, die GDL würde einen Anerkennungstarifvertrag für den Basistarifvertrag
unterschreiben, den wir verhandeln, und wir für den Lokführertarifvertrag,
den die GDL verhandelt.“ Das Quertreiben dieser Kräfte geht also
munter weiter.
Ein
Abschluß zur betrieblichen Altersvorsorge gehört mit zu den Forderungen,
die die Generalversammlung der GDL mit dem ersten Leitantrag 2006
„zur Schaffung eines eigenständigen Tarifvertrages für das Fahrpersonal“
beschossen hat. Das weiß Hansen natürlich.
Noch Ende
letzter Woche hatten Bahn, Transnet und GDBA schnell und hastig
unter sich Eckpunkte für ein neues Tarifsystem bei der Bahn abgesprochen.
Die
Verhandlungen darüber waren bereits vor zwei Jahren mit allen
drei Gewerkschaften der damaligen Tarifgemeinschaft zusammen begonnen
worden und wurden über die Jahre nur sehr zäh weitergeführt. Jetzt,
unter dem Druck der Streiks der Lokführer und der konkret anstehenden
Verhandlungsrunde mit der GDL am 3. Dez., verständigten sich Bahn,
Transnet und GDBA relativ überraschend für die Öffentlichkeit
über einige Punkte.
Danach sollen
z.B. rund 134.000 Tarif-Beschäftigte der Bahn bis zum 31. Dezember
2010 in stufenweisen Anhebungen insgesamt zehn Prozent mehr Lohn
bekommen. Allerdings ist in den 10 Prozent auch die im Sommer
vereinbarte, von Anfang 2008 an geltende Lohnsteigerung um 4,5
Prozent mit enthalten.
Mit dem Tarifsystem,
das die drei in Eckpunkten unter sich abgesprochen haben, wird
aber auch das Ziel verfolgt, eine „Tarifeinheit“ aufrechtzuerhalten,
zumindest für einen großen Teil von Regelungen.
Danach
soll das Tarifsystem eine neue Struktur bekommen, in der es künftig
einen für alle Mitarbeiter der Bahn geltenden Basistarifvertrag
gibt, sowie bis zu sechs sog. „Funktionstarifverträge“ für einzelne
Berufsgruppen. Einer dieser „Funktionstarifverträge“ soll für
die Lokführer sein, für die in Zukunft die GDL Entgelt und Arbeitszeit
aushandeln könne. So die Vorstellung und Absprache der drei, Bahn,
Transnet und GDBA.
Ob
dabei wirklich der Raum für einen eigenständigen Tarifvertrag
gelassen wird oder wie bisher die Unterordnung der GDL beabsichtigt
ist, zumindest soweit als nur möglich? Bei diesen Kräften und
ihrem Vorgehen muß man mit Letzterem rechnen.
Es wird vor
allem darauf ankommen, daß und wie die GDL die Auseinandersetzung
um den eigenständigen Tarifvertrag weiter führen wird, für einen
Tarifvertrag, der tatsächlich die Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen
der Lokführer aufhebt und wirkliche Verbesserungen und Lohnerhöhungen
erzielt. Im Weiteren steht natürlich noch an, daß dies dann für
das ganze Fahrpersonal durchgesetzt wird, so wie es das ursprüngliche
Ziel der GDL mit einem Fahrpersonaltarifvertrag (FPTV) war.
Man wird
sehen, was bei den Verhandlungen von der GDL zu erreichen sein
wird. Ohne ausreichende Einbeziehung und Mitsprache der Gewerkschaftsbasis
und ohne massiven Druck auf die Bahn AG wird das erfahrungsgemäß
äußerst schwierig werden. "Wenn die Bahn keine ernsthaften
Verhandlungen führt und diese keinen Schritt vorankommen, dann
sind die Tarifverhandlungen gescheitert", "Und dann
wird es Streiks geben, und dies vor dem 31. Januar" wird
eine Sprecherin der GDL zitiert. Bis dato hat die Bahn AG sich
so gut wie nicht bewegt, viel zu viele Punkte sind noch immer
völlig unklar. So bleibt zu hoffen, daß diese Aussagen, sollte
es so kommen, dann nicht bloß Aussagen bleiben werden.
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