Internet Statement 2004-40

 

Zu dem geplanten Abschluß bei Daimler-Chrysler  -  nach den ersten Berichten

Das unterminiert den Kampf!

23.07.04           

Wie soll man diesen Abschluß bewerten?  Daimler-Chrysler wird 500 Mio. „Einsparung“ bekommen, das war ihr Ziel. Diese Einsparungen werden nicht mit einem Schlag durchgesetzt, sondern scheibchenweise und an den Stellen, wo sich die Belegschaften am wenigsten wehren können. Damit sind sie grundsätzlich mit ihrer Zielsetzung durchgekommen, wichtig aber ist vor allem das Moment der Spaltung und der trügerischen Beruhigung, das von einem derartigen „Kompromiß“ ausgeht.


Es heißt, es gibt eine „Beschäftigungsgarantie“ bis 2012. Aber alles, was bisher in diesem Land schon früher als Kompromiß verabschiedet wurde, war immer mit einer ganz ähnlichen Garantie verbunden. Vor dreißig Jahren schon hieß es immer: wenn die Gewerkschaften stillhalten und den Unternehmen günstige Bedingungen bieten, dann werde das am Schluß auch positiv für die Arbeiter und Angestellten zu Buche schlagen. Und was ist für die überwiegende Mehrheit der Arbeiter und Angestellten, insbesondere für die Jugend, hier nun herausgekommen? Eine sich anbahnende Katastrophe! Alle Versprechungen auf Absicherung bei Verzicht des Kampfes waren gerade die Grundlage für den größten  Betrug, der über die Jahre gelaufen ist. Und die Beschäftigungsgarantie, die jetzt geboten wird, löst die Arbeiter und Angestellten von Daimler-Chrysler von den übrigen Betrieben ab. Vor allem Dingen auch löst sie sie ab von der größten Zahl der Betriebe, die nicht zu den relativ hochbezahlten Kernsektoren der Automobilindustrie gehören. Mit einem solchen Abkommen wird der weiteren Erpressung freie Bahn gegeben.

Es heißt, die betrieblichen Lohnleitlinien werden jetzt herunter gestuft, die sog. Steinkühlerpause bleibt dagegen zumindest teilweise erhalten.

Statt einer weiteren Mobilisierung auf breiter Front, um etwas zu erkämpfen, kommt es nun zur Vereinzelung der Betriebe, zu sog. Einzellösungen, bei denen kaum ein Betrieb eine Chance hat. Dadurch kann der Sozialbetrug fortgesetzt werden, und die Ansätze eines Gegenschlages von Seiten der Belegschaften, die in diesem Kampf kurzzeitig aufkamen, sind, wenn dies angenommen wird, hinüber.

Es war zweifellos sehr gut, wie mit einem Schlag hervorgerufen  durch die Attacke der DC-Vorstände sich der Kampf ausweitete und die Hoffnung aufkeimte, daß landesweit ein Widerstand gegen die Erpressung mit Verlagerung aufkommt, der unweigerlich sich dann auch mit anderen Betrieben in Europa und sogar an einzelnen Punkten darüber hinaus vereint hätte. Es wurde noch einmal klar, wie stark die Arbeiterklasse ist, wenn sie aufsteht, wenn sie ihre Potenz über alle Betriebe, die miteinander vernetzt sind, ins Spiel bringt. Aber es gab und gibt gerade bei Daimler-Benz und allen Automobilbetrieben auch Faktoren, die dies schwächten, und auf die wir von Anfang an hingewiesen haben. Die Hersteller von Luxusprodukten können ihre Beschäftigten außerordentlich gut bezahlen – natürlich nicht im Verhältnis zu dem, was ein Vorstandsmitglied bei Daimler-Chrysler bekommt, aber im Verhältnis dazu, was viele Arbeiter in anderen Bereichen Europas heute bekommen, auch im Verhältnis dazu, was heute viele Beschäftigte in unteren Jobs in dem gleichen Bundesrepublik Deutschland bekommen.

Was die Beschäftigungsgarantie angeht, so wäre man naiv, wenn man glauben würde, daß das länger als drei oder vier Jahre dauert. Dann wird es heißen: ‚die neuen ökonomischen Bedingungen zwingen uns leider, die Beschäftigungsgarantie zurückzunehmen’, und wer will das verhindern, wenn dann die Luft aus dem Kampf heraus ist und mit dem gleichen Argument des herrschenden internationalen Konkurrenzdrucks erneut die Beschäftigungsgarantie in Frage gestellt werden kann. Nein, man darf nicht in den Vordergrund stellen, daß hier ein paar Einzelregelungen verteidigt worden sind, sondern man muß vor allem auf den Hauptpunkt sehen, daß eine Rücknahme des Kampfes und eine Akzeptanz jetzt für viele andere Betriebe demotivierend wirkt und die Vereinzelung zunimmt.

Überraschen kann das Verhandlungsergebnis nicht. Diejenigen, die diesen Abschluß jetzt aushandeln und bei der Belegschaft durchdrücken, sind die gleichen, die dem Kampf in der Metallindustrie in Ostdeutschland in den Rücken gefallen sind. Es ist die äußerst enge Verzahnung von Leuten wie Klemm, wie von Vertretern in der IG-Metall-Führung mit den Spitzen der großen Konzerne, ihre Einbindung in die Führungsgremien, die sie zu einem direkten Mitorganisator des Kapitals machen.


Der Weg dieses Abkommens besteht darin, im Grunde so weiter zu machen wie bisher, wobei die Zersetzung weitergeht, wobei die Rechte der Arbeiter, Angestellten, Arbeitslosen und aus der Produktion Freigesetzten weiter zerstört werden, wobei der Ruin sich abzeichnet, zugleich aber der Widerstand unterminiert wird und keinerlei neue Impulse kommen, die diese Betroffenen mobilisieren.

Diese Sorte von „friedlicher“ „vernünftiger“ Entwicklung, wie sie von Schröder und Co. und fast allen kapitalistischen Kräften gefeiert wird, ist absolut nicht die Sache der Mehrheit. Aber es besteht auch noch Hoffnung, denn die nächsten Angriffe werden kommen, und nicht überall kann man derartige sogenannte „vernünftige“ Abkommen schließen. Hoffen wir es.

Redaktion NE
-hd

 

 

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Daimler-Chrysler:

Gedanken in der Verhandlungsnacht  
Uwe Müller 22.07.04

Kann das Versprechen der Standortsicherung überhaupt
ernst genommen werden?
 
W. Grobe 21.07.04

Was ist mit den Erfahrungen aus dem Streik vom vorigem Jahr?  Red.NE 13.7.04

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40 Stunden und Lohnkürzungen – wie der Erpressung entgegentreten?
Uwe Müller 30.6.04

Zur Metalltarifrunde
Zum Pilotabschluss in der Metalltarifrunde
Uwe Müller  15.2.04

Metalltarifverhandlung kurzerhand beendet!
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Was die Medien zum Streik von sich geben – Hetze wie noch nie! Klas Ber 24.6.2003

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- IGM-Führung bringt damit Kolleginnen und Kollegen um den Erfolg
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