Internet Statement 2008-09

Türkische Selbstgerechtigkeit und türkischer Chauvinismus – es reicht!

Walter Grobe, 8.Februar 2008 

Anläßlich der Brandkatastrophe von Ludwigshafen mit dem grausamen Tod von neun oder sogar mehr Menschen türkischer Herkunft lieferten die türkische Regierung und die türkischen Medien eine hemmungslose Demonstration der Selbstgerechtigkeit und der Hetze gegen die deutsche Bevölkerung und das ganze Land. Obwohl die Untersuchung, ob es sich um ein Unfallgeschehen oder einen Anschlag handelt, und von wem gegebenenfalls der Anschlag ausgegangen ist, noch gar nicht hatte beginnen können, wurde von einem „zweiten Solingen“ herumposaunt. Die türkische Regierung leistete sich die Unverschämtheit, die Entsendung türkischer Polizisten nach Deutschland anzuordnen, als ob die Unvoreingenommenheit der deutschen Untersuchungsbehörden von vornherein in Frage stünde und sie der Überwachung durch die türkische Regierung bedürften. Auch gewisse deutschsprachige Medien waren mit dabei, an „Solingen“ zu erinnern und die Generalverdächtigung gegen die deutsche Bevölkerung erneut zu schüren, der Rassismus sei hier Grundstruktur.

Hier muß einmal an ein paar elementare Tatsachen erinnert werden.

In der Türkei (allerdings nicht nur dort) sind Brand- und anderweitige Mordanschläge auf Menschen, die politisch gegen den Stachel löcken, sowie auf Angehörige unliebsamer nationaler oder religiöser Minderheiten Alltag. Oft stehen staatliche Organe oder offizielle chauvinistische oder islamisch-fundamentalistische Parteien dahinter. Auch aus anderen Gründen werden dort nicht selten Häuser angesteckt. So wurde aus Istanbul bekannt, wie dort Mafiabanden systematisch Gebäude abfackeln, um Raum für Parkplätze zu schaffen, auf denen sie dann abkassieren. Daß das ohne Opfer an Menschenleben abgeht, kann man sich schlecht vorstellen.
Besonders bekannt geworden ist das Brandpogrom in der türkischen Stadt Sivas im Jahre 1993. Damals wurde von Chauvinisten und Islamisten ein Hotel belagert, in dem ein Kulturkongreß stattfand, der sich u.a. kritisch mit bestimmten Mißständen in der Türkei auseinandersetzte. Das Hotel wurde in Brand gesteckt, die Feuerwehr vom Mob am Eingreifen gehindert, und mehr als 30 Menschen verbrannten. Bis heute sind die Hinterleute dieses Pogroms einer Strafverfolgung nicht ausgesetzt. Ein besonderes Detail dieses Verbrechens liegt darin, daß unter den beteiligten Islamisten offenbar auch Angehörige der damaligen Refah-Partei (Islamisten unter der Führung eines gewissen Erbakan) beteiligt oder sogar maßgeblich beteiligt waren, einer Partei, die heute leicht modernisiert und an die Entwicklung des Kapitalismus in der Türkei angepaßt unter dem Namen AKP auftritt und die gegenwärtige türkische Regierung stellt. Der Ministerpräsident Erdogan ist der Hauptrepräsentant dieser Richtung. Ob er 1993 persönlich in Sivas dabei war, spielt keine Rolle; jedenfalls aber ist es abstoßend, den Hauptrepräsentanten einer derartigen Richtung heute hier als den Kondolenzbotschafter des „türkischen Volkes“ sich produzieren zu sehen, der anscheinend erwartet, daß die deutsche Regierung, die deutschen Behörden und die Bevölkerung vor ihm den Kotau machen, weil angeblich wieder einmal „den Türken“ Unrecht geschehen sei.

In der Türkei und unter Menschen türkischer Herkunft im Ausland spielen im politischen Leben bekanntlich chauvinistische und rassistische Richtungen, die unverhohlen ein zusammenphantasiertes Türkentum als den Gipfel der menschlichen Entwicklung propagieren und die Ausdehnung seiner politischen Dominanz über große Teile des Globus fordern, eine beträchtliche Rolle. Das ist im Prinzip nichts anderes als Nazitum. Daneben existieren islamisch-fundamentalistische Richtungen, die die Ausbreitung ihrer vormittelalterlichen Scharia-Gesetze von der Türkei ausgehend in Deutschland als dem nächsten Ziel und in ganz Europa betreiben. Gemeinsam unterdrücken diese Richtungen alle modernen demokratischen, gewerkschaftlichen und erst recht alle sozialistischen Bestrebungen in der Türkei und unter den türkischen Auswanderern. Sie arbeiten mit allen Arten von Druck und Erpressung bis hin zum Mord. Davon geben die „Ehrenmorde“ Zeugnis, aber vor allem auch die brutale Unterdrückung der Arbeiterbewegung und der linken Parteien, die von diesen Richtungen gemeinsam mit der türkischen Militärkamarilla aufrechterhalten wird. Für alle diese Kräfte ist Deutschland nicht nur ein Einwanderungsland, sondern ein Land, in das sie eine Einwanderung mit besonderen Zwecken organisieren, die ihnen einen schleichenden Machtzuwachs und eines Tages die Kontrolle dieses Landes sichern soll. Das wissen viele Menschen in unserer Bevölkerung aus eigener Erfahrung längst recht genau, darüber wird auch unter Migranten manchmal recht offen geredet, und davon haben viele die Nase längst voll. Sie wissen, was gespielt wird, und sind auch auf deutsche Parteien und Behörden, die da auffällig-unauffällig mitspielen, nicht gut zu sprechen. Und natürlich wird der angebliche rassistische Brandanschlag auf Menschen in Ludwigshafen propagandistisch genutzt, um Deutschland, die deutsche Nation und die deutsche Regierung einmal mehr in der Rolle des Missetäters zu zeichnen, der sich vor der großartigen türkischen Nation und ihren rechtschaffenen Vertretern schuldbewußt niederzuwerfen habe. Das ist der Kern der gegenwärtigen Hetze von wegen Ludwigshafen.

Diese Kräfte operieren so, daß sie jedenfalls mit Anspielungen auf „Solingen“ ihre chauvinistische Hetze voll anlaufen lassen und die Oberaufsicht über die Ermittlungen beanspruchen, und im nächsten Moment den Biedermann spielen, der volles Vertrauen in die deutschen Behörden habe und nur ein bißchen Kondolenz abstatten wolle. Unter Förderung der Integration verstehen sie Förderung ihres politischen Einflusses und letztlich ihrer schleichenden Machtübernahme in diesem Lande. In der Frage des EU-Beitritts der Türkei, den sie unter ihren reaktionären Vorzeichen weiter betreiben, zusammen mit erheblichen politischen Kräften in Deutschland und der EU selbst und auch in den USA, denken sie, mit der Unterstellung einer Schuld an dem Ereignis von Ludwigshafen Druck auf diejenigen Kräfte ausüben zu können, die dem weiter widerstreben. Es ist keineswegs so, daß sich hier jemand im Ton vergreift und auf Widerspruch hin dann zurücknimmt, sondern es ist die übliche Vorgehensweise von Chauvinisten, die jede Gelegenheit nutzen, die Pose der gekränkten Unschuld einzunehmen, um ihre rassistische Aufhetzung voranzutreiben, und im nächsten Moment in die Pose des kooperationswilligen „Menschenrechtlers“ und Demokraten wechseln, um eine aufgeschreckte Öffentlichkeit hinters Licht zu führen.

Wenn Erdogan das Bedürfnis spürt, seine Solidarität mit Menschen aus seinem Land, die Opfer eines Brandes wurden, auszudrücken, dann hat er in der Türkei tausendfach Gelegenheit. Wir wollen ihn hier nicht. Wir brauchen auch seine Polizisten nicht, die hier die Oberaufseher und vielleicht noch andere Rollen spielen sollen. Raus mit ihm und dem ganzen chauvinistisch-fundamentalistischen Pack!

Beck und Schäuble

Ein paar Worte über deutsche Politiker müssen hier noch gesagt werden. Kurz nach der Brandkatastrophe erklärte laut Medienberichten der SPD-Vorsitzende und rheinland-pfälzische Ministerpräsident Beck, in dessen Bundesland Ludwigshafen liegt, man könne ausschließen, daß es sich um einen Anschlag und einen fremdenfeindlichen Hintergrund handle. Woher will Beck das wissen? Will er den Hetzmedien Vorschub leisten, die von vornherein behauptet haben, mit Unvoreingenommenheit der deutschen Behörden sei nicht zu rechnen und daher müßten die Ermittlungen von Türken vorgenommen werden? Es ist bisher keinesfalls auszuschließen, daß es ein Anschlag war. Die Ermittler halten, den Berichten zufolge, vor Abschluß der Ermittlungen das ebenso für möglich wie das Gegenteil. Wenn allerdings sich herausstellen sollte, daß es ein Anschlag war, muß gefragt werden, wer ihn verübt hat und wer hinter den unmittelbaren Tätern steht. Die Medienhetze in der Türkei sowie bestimmte Kreise in Deutschland legen schon mal die Vermutung vor, daß es sich um deutsche Rassisten, Neonazis und ähnliches Pack handele. Das ist nicht ausgeschlossen, aber auch keineswegs die einzige Möglichkeit. Waren es Neonazis, dann muß daran gedacht werden, daß bei Neonazis ein geheimdienstlicher Hintergrund grundsätzlich gegeben ist, und genau danach müßte auch in diesem Falle gefragt werden, wenn die Neonazi-Hypothese bestätigt würde. Aber es könnten auch irgendwelche verdeckten reaktionären Cliquen aus der Türkei selbst oder sonstwo verwickelt sein, die mit der Aufputschung einer derartigen Sache bestimmte politische Ziele verfolgen. Anschläge auf Aleviten, um die es sich in Ludwigshafen handelt, sind in der Türkei mehrfach vorgekommen. Man darf auch nicht vergessen, daß deutsche Neonazis und Rassisten mit türkischen Faschisten und Rassisten mitunter recht gute Arbeitskontakte unterhalten, auf höheren Ebenen. Sie sind beide an der rassistischen Aufhetzung der beiden Nationen gegeneinander interessiert.

Es wird von „Solingen“ gesprochen. Gut, sprechen wir von Solingen. Nach dem Brandanschlag im Jahre 1993 auf ein von Türken bewohntes Haus mit mehreren Todesopfern kam es zu einem offensichtlich mühseligen Prozeß, in dem schlußendlich vier deutsche Jugendliche als Täter verurteilt wurden, der aber immer wieder auch Fragen nach politischen Hintergründen aufwarf, die er offenbar nicht behandeln wollte. Ein Fakt, der dabei herauskam, aber heute nicht mehr erwähnt wird: die Jugendlichen hatten intensiven Kontakt zu einem Neonazi, der für den Verfassungsschutz arbeitete. Die Fragen, die sich daraus ergeben, wurden damals nicht behandelt, ebensowenig anscheinend auch die Frage, ob die Jugendlichen die Alleinverantwortlichen waren, ob nicht bspw. auch andere Täter, bspw. aus türkischen Kreisen, in Frage kämen. Bei den Trauerkundgebungen vor dem verbrannten Haus in Solingen konnte jedenfalls ein türkischer Redner, ein Vertreter der berüchtigten „Grauen Wölfe“, einer rassistisch-faschistischen Organisation, das –wie sie sich ausdrückten- „Blut des deutschen Volkes“ als Rache für die Toten fordern – ohne daß ihm jemand in die Parade gefahren wäre.

Ein anderer deutscher Politiker, der Innenminister Schäuble, war zum Zeitpunkt der jetzigen Brandkatastrophe in der Türkei und hatte offenbar Gelegenheit, die Medienhetze aus erster Hand mitzuerleben. Er soll mit den Worten reagiert haben, das sei deutschenfeindliche Hetze. Aus einem Munde wie dem seinen sind das eigentlich ungewohnte Worte, denn bisher war es einer der Hauptpunkte seiner Politik, die Zusammenarbeit mit Chauvinisten und Islamisten aus der Türkei, die schon immer für eine derartige Hetze stehen, auf eine höhere Ebene zu heben. In der von ihm konzipierten „Islamkonferenz“ und ähnlichen Gremien versuchen er und andere Vertreter der deutschen Politik, mit diesen Kräften zu politischen Kompromissen zu kommen, die von der ganzen Anlage her für die Bevölkerung in Deutschland einschließlich der Menschen mit Migrationshintergrund wenig Gutes verheißen. Wenn es zur Begründung der „Islamkonferenz“ heißt, man strebe danach, gemeinsame Regeln der Beachtung der Demokratie zu vereinbaren, dann ist man bei diesen Exponenten einer schleichenden Islamisierung und Turkisierung anderer Länder ja an der optimalen Adresse. Und diese deutschen Behörden und Regierungen, die Schäuble vertritt, sind ihrerseits, was die Beachtung und Entwicklung der demokratischen Rechte der Bürger betrifft, alles andere als Unschuldslämmer, ganz im Gegenteil, man denke nur an die stetig zunehmende Ausschnüffelung der Bevölkerung und die noch weiterreichenden Schäubleschen Pläne. Hinzu kommt, daß auf den obersten Ebenen der Politik einschließlich Merkel und Schäuble daran gearbeitet wird, die Widerstände gegen eine EU-Aufnahme der Türkei nach und nach auszuräumen, z.B. weil Kapitalinteressen auf beiden Seiten das fordern.
Wir werden sehen, ob die politische Hochputschung der Brandkatastrophe die Reaktionäre beider Seiten zu mehr Zurückhaltung bei ihren Plänen zwingt, gemeinsam der Bevölkerung in Deutschland, sei sie Stammbevölkerung oder eingewanderte, mehr Unterdrückung zuzumuten. Es ist auch das Gegenteil möglich. Daher muß nicht nur die Brandkatastrophe unnachsichtig aufgeklärt werden, es muß auch Klartext gesprochen werden über bestimmte politische Kräfte, die sie offensichtlich zur Ausspielung verschiedener Bevölkerungsteile gegeneinander nutzen, und über Grundfragen der Bevölkerungsentwicklung und Migration in diesem Lande.

Schließlich sollte man nicht aus den Augen verlieren, daß aufgrund der offenen kapitalistischen Krise, die sich derzeit immer weiter entwickelt, viel wichtigere und grundsätzlichere Fragen auf der Tagesordnung stehen, die unbedingt international gemeinsam von den demokratisch und progressiv eingestellten Richtungen angegangen werden müssen. Dazu paßt chauvinistische Hetze nach dem Muster ‚Deutsche gegen Türken’ oder ‚Türken gegen Deutsche’ wie die Faust aufs Auge, und deswegen wird sie sicherlich jetzt vermehrt angeheizt.

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